Der Weg eines weißen Kindes und der Weg eines schwarzen Kindes

Von Geburt an war klar, wie und wo ein Kind in Südafrika leben wird. Denn die Hautfarbe eines Kindes entschied, wie und wo es in Südafrika leben soll.

Ich erkläre euch, warum das so war: Wie überall auf der Welt, ist es auch für Kinder aus Südafrika wichtig zur Schule zu gehen. Ein (guter) Schulabschluss ist wichtig, um später als Erwachsener eine Arbeit zu bekommen.
Doch zur Zeit der Apartheid hat die Hautfarbe entschieden, was für einen Schulabschluss ein Kind bekam und auch welche Berufe das Kind später als Erwachsener haben kann. Denn die Weißen haben bestimmt, dass die Kinder zu verschiedenen Schulen gehen mussten. Es gab Schulen für schwarze Kinder und es gab Schulen für weiße Kinder.

 

Die “weißen Schulen” sollten die Kinder auf ein Leben in Wohlstand vorbereiten.

Die weißen Kinder durften in ihren Schulen sehr viel lernen. Sie lernten gut lesen, schreiben und rechnen zu können. Im Sprachunterricht wurden alle weißen Kinder in ihrer Muttersprache Englisch oder Afrikaans unterrichtet. Die Weißen wollten nicht, dass Schwarze und Weiße zusammen leben und miteinander sprechen können. Weiße sollten auf Englisch miteinander sprechen können und Schwarze sollten in ihrer afrikanischen Muttersprache miteinander sprechen können. Die weißen Kinder lernten im Sprach- und Matheunterricht viel mehr als die schwarzen Kinder.

Die weißen Schulen haben von der Regierung viel Geld bekommen, um Schulbücher und Materialien für den Unterricht kaufen zu können. Eine weiße Schule hat sechsmal so viel Geld bekommen wie eine schwarze Schule.

Die weißen Kinder durften all das lernen, was sie wissen mussten, um später als Erwachsene gute und interessante Arbeiten machen zu können. Weil die weißen Kinder viel in der Schule lernen durften, konnten sie als Erwachsene die guten und interessanten Arbeiten machen. Es waren Arbeiten für die man einen guten Schulabschluss brauchte, eine Ausbildung oder ein Studium. Sie wurden z. B. Ärzte, Ingenieure oder Unternehmer.

Weil die Weißen also immer die besseren Arbeiten bekamen, wurden sie auch besser bezahlt. So konnten sie sich vieles leisten: Sie konnten schöne Häuser mieten oder bauen und sich auch ein Auto kaufen.

Der Lebensweg eines weißen Kindes führte also in ein Leben in Wohlstand! 

 

Die “schwarzen Schulen” sollten die Kinder auf ein Leben in Armut vorbereiten.

Die schwarzen Kinder sollten nur sehr wenig lernen. Sie lernten nur ein wenig lesen und schreiben. Sie sollten nur das lernen, was sie wissen mussten, um später als Erwachsene für die Weißen die einfachen, schlechteren und uninteressanteren Arbeiten machen zu können. Für diese Arbeiten brauchte man keinen guten Schulabschluss. Man konnte sie ungelernt oder angelernt machen. Man brauchte dafür keine Ausbildung und kein Studium.

Im Sprachunterricht sollten alle schwarzen Kinder in ihrer afrikanischen Muttersprache unterrichtet werden. Sie sollten nur ganz wenig Englisch oder Afrikaans verstehen und sprechen können, damit sie später als Erwachsene für die englisch- oder afrikaanssprechenden Weißen arbeiten können und deren „Arbeitsanweisungen“ verstehen können.
In Mathe wurde ihnen nur ganz wenig beigebracht. Denn für die einfachen Arbeiten, die sie später als Erwachsene machen durften, mussten sie nicht gut rechnen können. Statt dessen lernten die schwarzen Kinder putzen, waschen, bügeln, kochen, Gartenarbeit … eben all das, was im Haushalt oder auf dem Grundstück der Weißen von ihnen zu erledigen war.

Die schwarzen Schulen haben von der Regierung ganz wenig Geld bekommen. Sie konnten selten Schulbücher und Materialien für den Unterricht kaufen.

Weil die schwarzen Kinder nur sehr wenig in der Schule lernen sollten, konnten sie als Erwachsene nur die schlechten und uninteressanten Arbeiten für die Weißen machen: Es waren Arbeiten, die man ungelernt oder angelernt machen konnte. Man brauchte dafür keine gute Schulbildung, keine Ausbildung und kein Studium.

Weil die Schwarzen also immer nur die einfachen und uninteressanten Arbeiten bekamen, wurden sie auch schlechter bezahlt. Weil die Schwarzen immer schlechter bezahlt wurden als die Weißen, konnten sich sich nur sehr wenig leisten. Oft konnten sie sich nicht das leisten, was sie zum Leben brauchten: sie bauten ihre Häuser aus dem, was sie finden konnten und sie fuhren anstatt mit einem eigenen Auto in Minibussen.

Der Lebensweg in eines schwarzen Kindes führte also in ein Leben in Armut: 

 

Es war ganz egal, wie klug oder fleißig ein schwarzes Kind war. Ein schwarzes Kind hätte in der Schule noch so gut sein können und sich noch so anstrengen können, es hätte niemals den gleichen Schulabschluss bekommen können, wie ein weißes Kind.
Auch wenn das weiße Kind weniger klug und weniger fleißig war, hat es immer einen besseren Schulabschluss bekommen. Die schwarzen Kinder durften einfach keinen guten Schulabschluss bekommen. So stand es im Gesetz!